Hallo, liebe Leute vom Forum,
ich bin durch Zufall (Google) auf Euch gestoßen. Guten Tag.
Eure Einschätzung zu meiner Geschichte würde mich sehr interessieren.
Von Kindesbeinen an (ich bin Jahrgang 1960) hatte ich Angst in meinem Zimmer.
Besonders vor einem bestimmten Winkel dieses recht kleinen Räumchens fürchtete
ich mich. Die Ecke war durch einen Vorhang abgetrennt, dahinter stand ein
mittlerweile funktionsloser Kohleofen und daneben die Beinprothese meines seit
vielen Jahren toten Vaters. Er war im Krieg amputiert worden und Mutter hatte
die Prothese, aus welchen Gründen auch immer, aufbewahrt. Manchmal schaute der künstliche
Fuß unter dem Vorhang hervor, wenn dieser aus Unachtsamkeit einmal bewegt worden war. Das ängstigte mich als Kind natürlich besonders;
ich hatte aber noch nicht den Mut bzw. den Verstand, Mutter zu bitten, diese
alte Prothese zu entsorgen. Gefühlte tausend Nächte hatte ich Dunkelangst,
hörte – vielleicht eingebildete – Geräusche aus dieser merkwürdigen Ecke in
meinem Kinderzimmer, meinte zu vernehmen, wie der Ofen knackte, der seit vielen
Jahren nicht mehr geheizt worden war. Irgendwann in den 70er Jahren wurden dann
Ofen und Beinprothese beseitigt, die Ecke war leer, ein Teppichboden bedeckte
die Stelle, an der der Ofen Abdrücke im alten Bodenbelag hinterlassen hatte.
Viele Jahre vergingen, ich zog 1980 aus der Wohnung aus, um
mein Studium aufzunehmen. 2006 starb meine Mutter, die bis dahin in der alten Wohnung
meist in meinem ehemaligen Kinderzimmer schlief. Sie starb genau an der Stelle durch
einen plötzlichen Herzinfarkt, an der früher der alte Ofen stand.
Zudem – und ich fantasiere nicht, sondern habe Zeugen – war im
Nebenraum die große Wanduhr genau zu Mutters Todeszeitpunkt 11.35 Uhr stehen geblieben
(wie man es ja oft bei Todesfällen hört).
Was mich aber sehr verunsichert und verblüfft hat, geschah
einige Wochen später. Eine Bekannte half mir beim Tapetenabkratzen in der ausgeräumten, leeren,
alten Wohnung, nachdem Mutter gestorben war. Sie sagte, sie wolle auch in der
Wohnung im Schlafsack übernachten, um am anderen Morgen weiterzumachen. Nie
vorher war sie dort, kannte auch meine Ängste nicht und meine Furcht vor der
Ecke in meinem Kinderzimmer.
Wir trafen uns am anderen Morgen wieder. Sie war sehr
verschüchtert, ja ängstlich – und meinte, vom Kinderzimmer ginge eine „Präsenz“
aus. Dass ich eine Gänsehaut bekam in diesem Moment, muss ich wohl nicht extra
erwähnen. Wir gingen hinein und ich fragte sie, von wo genau… Sie zeigte auf
die Ecke.
Wesentlich mehr habe ich nicht zu berichten, außer, dass ich
ein paar Tage später alleine in der noch leeren Wohnung war, im Flur auf der
Leiter stand, um noch von der Decke ein paar Tapetenreste abzukratzen und ich
plötzlich direkt neben meinem Ohr eine weibliche Stimme etwas flüstern hörte,
was ich nicht eindeutig verstand. Wohl gemerkt, ich war alleine.
Die Wohnung befindet sich in Mainz, in der
Jakob-Dieterich-Straße, im Parterre eines großen, nach dem Krieg wieder
aufgebauten Mietshauses. Meines Wissens waren nur Kellergeschoss und Parterre
im Krieg unzerstört geblieben.
Wie ist dies alles zu interpretieren?
Herzliche Grüße
Magnus