Nachdem ich am 20. Oktober 2014 erstmals mit dem Begriff der Tulpa konfrontiert worden bin -es war hier im Forum- mache ich das jetzt mal zum Thema und gehe zurück ins Jahr 1986.
Ich war in einer schlimmen Situation. Als Erstgeborener war ich nicht in der Lage, im elterlichen Betrieb Fuß zu fassen. Alles lief falsch. Vor allem was ich tat, war immer falsch. Auch als ich -testweise- eine Zeit lang das Gegenteil tat, was ich sonst tat, war es falsch. Es war grundsätzloch falsch....weil ich es tat.
Vollständig ausgebildet in einem Beruf, der mich zwar nicht erfüllte, aber die Fortführung des elterlichen Betriebes gewährleistete, war an einen Neuanfang nicht zu denken. Jedenfalls bildete ich mir das damals ein.
Schon die Vorstellung, dort arbeiten zu müssen, war für mich eine gedankliche Sackgasse. Theortisch und praktisch auch. Ich bin heute der Meinung, dass es etwas mit dem Haus zu tun hat, denn dort haben noch mehr Menschen die Basis verloren. Meine Eltern auch. Dort existierte etwas, was auch heute noch seine Wellen schlägt. Außer mir nimmt es niemand war, doch die Folgen spürt jeder. Ich bin nur noch hin und wieder zu Besuch dort, und bin auch schnell wieder weg.
Ich war persönlich in einer Sackgasse, ohne Perspektive. Eine abgebrannte Welt, schwarze Mauern vor grauem Horizont.
Ich war beruflich in einer Sackgasse, nervlich nicht mehr auszuhalten. Ich brauchte tgl. Schnaps, um mein Nervenkostüm halbwegs in der Balance zu halten. Nicht viel (2-3 Gläschen), aber auch das war zu viel.
Nach einem schlimmen Vorfall zog ich die Reißleine.
Es war das Jahr 1986. Ich stieg aus und grübelte in meiner kleinen Wohnung monatelang über eine Lösung: Es gab keine. Ich war in den Betrieb, in die Familie eingebunden, aber nicht mehr fähig, den "normalen Umgang" dort auszuhalten. Selbstmord kam für mich nicht in Frage, weil ich mich nicht für Dinge bestrafen wollte, an denen (meiner Ansicht nach) andere Schuld waren.
So saß ich da, und grübelte. Las Bücher, schrieb meine Gedanken auf, und dachte dann wieder darüber nach. Es war wie ein Kreis, wo ich in der Mitte saß. Wie in ein Gefängnis, ein Hochsicherheitstrakt - Ausbruch unmöglich. Die Mauern waren mein Kopf, meine Gedanken die Gitter.
Mit Kraft- und Kampfsport habe ich mich abgelenkt, und zumindest den Körper online gehalten. Das half, auch psychisch.
Es war ein Buch, was ich las und von dem ich sogar den Titel noch weiß "Die Kraft der Liebe".
Ich fing an, zu meditieren. Führte Gespräche, ohne zu sprechen. Nur mit meinen Gedanken. Es waren nur wenige Momente, wo mir die Konzentration möglich war. Meist mitten in der Nacht.
Ich habe in dieser Zeit Dinge gesehen, die nicht beschreiben kann, weil es zur Beschreibung keine Worte gibt.
Weil nicht mehr für meine Eltern arbeitete, fiel es mir immer schwerer, dort zu essen. Als Konsequenz hörte ich irgendwann auf zu essen. Es waren mehrere Gründe, die dazu führten. Hauptgrund war vermutlich, die Eindrücke der Meditation zu verstärken. Ich bildete mir ein, dass jegliche Nahrung den Körper mit Arbeit belastet, und daher auch die Psyche nicht die zum Einklang mit der Seele notwendige Ruhe hat. Obwohl ich das, was ich tat, niemandem empfehlen will, waren die folgenden Wochen ein Erlebnis bleibender Erinnerung.
Ohne mit dem Kraftsport aufzuhören (nur schwimmen ging ich nicht mehr), stellte ich die Aufnahme jeglicher Nahrung ein. Und zwar vollständig. Auf deutsch: Ich trank nur noch Wasser. Und zwar Wasser aus der Leitung.
Obwohl es nicht zum Thema gehört, will ich einen interessanten Effekt kurz schildern: Ich wog mich tgl. Trotz völligem Nahrungsverzicht (weder fest noch flüssig) meldete die Waage nach ca. sechs Wochen eine stetige Gewichts
zunahme (das Rätsel werde ich irgendwann noch ergründen).
Morgens war ich vorsichtig, weil beim schnellen Aufstehen mein "Monitor" manchmal dunkel wurde. Aber sonst (bis auf einem wirklich üblen Geschmack im Mund) war alles schick. Sogar der Kraftsport war noch möglich, und zwar -wie immer- bis zur völligen Erschöpfung. Beim Sport hatte ich nie einen (blutzuckerbedingten) Blackout. Obwohl ich es darauf angelegt habe, die Grenze der Belastbarkeit zu erkunden, ich habe sie nie gesehen.
Da nach ein paar Wochen ohne Nahrung die Müdigkeit rapide zurückgeht - ich brauchte kaum noch Schlaf - war ich nachts oft wach. Ich meditierte und sah Dinge, die ich nie zuvor gesehen hatte.
Glücksgefühle, wie im Vollsuff bei der besten Party. Nur ohne Alkohol, und völlig klar und ohne Nebel.
Halluzinationen, die keine waren. Weil sie keine sein konnten: Ich rauche nicht und habe auch nie Drogen genommen.
Was soll ich sagen: Es war eine andere Welt. Träume, in denen ich wach war. Besser beschreiben kann ich das nicht.
In dieser Situation habe ich etwas bestellt, von dem ich immer noch nicht verstehe, warum es dann auch geliefert worden ist. In meiner erweiterten Welt (Fantasie, würde man dazu sagen) entstand eine Art Rettung.
Um es kurz und bündig auszudrücken: Ich habe beim höheren Wesen (man nennte es Gott) jemanden erbeten, der mich aus meiner aussichtslosen Situation, wo ich seit Monaten keinen Ausweg sah, herausholt.
***
Es war ein Montag, etwa gegen 5:00 Uhr. Ich schlief.
Es klopfte an meine Tür.
Als ich schlaftrunken öffnete, stand ein Freund da und eine völlig fremde Frau.
Die Frau sah mich an wie ein Kaninchen, und ich sah die Frau an wie ein Kaninchen. Mein Freund fragte "Schläfst du schon?" (nein, morgens um 5:00 Uhr schläft man doch noch nicht).
Auf jeden Fall kamen beide rein. Ich kochte Kaffee und mein Freund musste dann plötzlich "mal weg" ... ob die Frau solange hier bleiben könnte, fragte er. Ähhmm....ich war noch nicht wach und sagte ja.
. . . . . .
Um es kurz zu machen: Mit der Frau war ich dann sieben Jahre zusammen. Sie nahm eine Stelle als Geschäftsführerin in einem China Restaurant in einem anderen Bundesland an, und ich folgte dort hin. Alles andere ergab sich wie von selbst, auch beruflicher Neuanfang. Es war dann plötzlich ganz einfach.
Um den Bezug zum Thema -Tulpa- auch mal zu nennen: Es war wie bei Bezaubernde Jeannie, nur ohne die Flasche. Von mir aus lacht jetzt, aber Sie nannte mich sogar Meister.
. . . . . .
Nach Ablauf der sieben Jahre, die Beziehung war verschlissen, kam es immer wieder zu eigenartigen Vorfällen. Den Kontakt haben wir nie völlig verloren, aber die Kontakte waren (und sind bis heute) von Dingen durchzogen, die in erster Linie grell, aber zuweilen auch völlig unerklärlich sind. Daher kam mir der Gedanke, wenn schon das Kennenlernen so außergewöhnlich war (ich wette, das hat noch niemand je erlebt), ob nicht die ganze Geschichte auch außergewöhnlich ist, und was der Grund ist ... bzw. ob hier Parallelen zu einer Vision bestehen können, die den Namen Tulpa trägt.
So, das war ein kurzer Ausschnitt aus meinem Leben, der aber einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Und je älter ich werde, desto mehr festigt sich dieser Eindruck und desto bewußter wird mir, dass ich "Danke" zu sagen habe...nur an wen, ist mir nicht schlüssig bzw. es ist mir eigentlich schon schlüssig, aber diese Schlüssigkeit erfordert, das gewohnte Weltbild hinter sich zu lassen.
Auch wenn ich nicht in der Lage bin, die Eindrücke von damals auch nur halbwegs zu schildern (es ist ja fast 30 J. her), stellt sich natürlich die Frage, ob die Meditation nicht nur -wie man überall liest- gedankenexterne Muster manifestieren kann, sondern eine lebende Person (diese Person hat alle meine damaligen Träume erfüllt). Die Frage ist für mich mehr ein Gedankenspiel, als dass ich mich hinein steigern will. Klar kann man das als gegeben nehmen und sich freuen, wie es lief (tue ich sowieso), aber man kann auch Ursache und Wirkung hinterfragen...was ich gerade tue.
Falls jemand meinen langen Beitrag gelesen hat, kann sie / er gerne dazu Stellung nehmen. Es wäre bestimmt sinnvoll, nicht zu fragen "wie kommt das bei den anderen an", sondern einfach mal seine Eindrücke hier zu schildern...tue ich ja auch